Das Buch “Mit dem Herzen führen: ein Plädoyer für eine Archimedische Wende in der Führung” von T. J. Herpich erschien im April 2014.
Hier ist eine Leseprobe aus dem 4. Kapitel des Buches: Der 4. Stern: der Stern der Hingabe und Liebe (S. 94-104):
Ist Idealismus für Realisten nötig?
Der Idealismus oder ein starker Glaube an ein bestimmtes Prinzip verfolgt höhere als eigene Interessen. Der Idealist mit Prinzipien widmet sich also der vollen Entwicklung der eigenen Möglichkeiten im Dienst der Menschen. Wir erinnern meist die Menschen, welchen ihren Prinzipien treu gefolgt sind. Wir erinnern uns nicht an diejenigen, die auf Kosten anderer Menschen gelebt und sich auf deren Rücken bereichert haben. Außer an den antiken reichen Krösus.
Herrhausen drückt es ganz eindeutig so aus:
„An dem Tag, an dem die Manager vergessen, daß eine Unternehmung nicht weiter bestehen kann, wenn die Gesellschaft ihre Nützlichkeit nicht mehr empfindet oder ihr Gebaren als unmoralisch betrachtet, wird die Unternehmung zu sterben beginnen.“
Wenn du diesen klugen Ausspruch auf unsere Tage anwendest, bedeutet dies das Todesurteil der (Raubtier-)kapitalistischen Gesellschaftsordnung in Wirtschaft und Politik. Es bedarf also dringend einer ethischen Gesinnung, um auf lange Sicht die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Gesellschaft zu gewinnen. Doch die fehlt bereits bei der Ausbildung in den Universitäten. Dort wird die Lehre meist einem neoliberalen bzw. rationalen Paradigma untergeordnet. Und damit die Seele der Ausbildung verspielt, das einstige sittlich-menschliche Bildungsideal eines Humboldts. Es fehlt an der Haltung eines Friedrich II., der sich als erster Diener in seinem Staat verstanden hatte.
Dazu brauchen wir ein sehr starkes unerschütterliches Band, das nur durch eine solche magnetische Verbindung zu sich selbst geschlossen werden kann. Denn diese innere Verbindung muss viele Erschütterungen ertragen und aushalten können. Diese aus dem Inneren eines solchen Menschen herausfließende Kraft und Energie zieht dich immer wieder zu deiner Idee und den damit verbundenen Aufgaben hin. Aus dem Kern heraus strömt diese – ich nenne sie – Liebesenergie, die alles überwältigt und die eigenen Begrenzungen hinweg schleift, so dass du über die Haltung der Liebe eine tiefe Verbindung zu den Menschen schaffen kannst.
Letztlich muss dieses Phänomen wie ein größeres Geheimnis anmuten, weil es eben größer ist als das Fassungsvermögen unseres kleinen Verstandes. Hier strömt der große Kosmos in den Mikrokosmos des Denkens und überflutet mit der Macht der schöpferischen Kraft die Staudämme der Ratio. Wir können nur staunend ein solches Leben und die unendliche Produktivkraft eines solchen Menschen bewundern, der mit einem hohen Talent gesegnet erscheint, hinter dem sich meist ein unendlicher Fleiß, große Disziplin und Entbehrung verstecken.
Motto
Die stärkste Energie, die uns zur Verfügung steht, ist: die Liebe. Liebe deine Talente! Denn sie versetzen Berge!
Wer aus dem Herzen handelt, öffnet sein Herz für andere. Der schöpferisch Schaffende hat keine Angst vor Fehlern, denn er tut das Bestmögliche, was er kann. Er ist sich seines Risikos bewusst. Er wagt das Neue, wie wir bei Herrhausen oder Gandhi gesehen haben. Es ist klar, dass – wer die Mächtigen herausfordert – erst einmal mundtot gemacht und bekämpft wird. Hier entscheiden Mut, Ausdauer und Solidarität von ihnen ernst genommen zu werden. Denn das Große wächst mit der Zeit. Und so setzen sich große Ideen über das Zweckdenken hinweg.
Das Große zu äußern hat auch seinen Preis. Ich muss Annehmlichkeiten und persönliche Befindlichkeiten hintanstellen, um etwas Neues, Größeres zu erschaffen. Gandhi verlor in seinem Leben acht wertvolle Jahre äußerlicher Freiheit, als er im Gefängnis saß. Aber ist es etwa möglich, dass diese äußere Entbehrung seine innere Stärke ermöglichte?! So konnte er sich von der Richtigkeit seiner Haltung überzeugen, weil er in sie hinein gewachsen war. Das ist ein sehr, sehr hoher Preis, den nur ein Gandhi bereit war zu zahlen. Ich gehe sogar soweit, dass sich ein höheres Prinzip bei Gandhi ausbreiten konnte. Die inneren Kämpfe sind die des kleinen Egoismus mit der Idee eines großen Weltgeistes, die miteinander um die Vorherrschaft ringen, damit sich schließlich das Großartige zeige…!
Gandhi sagte einmal:
„Du und ich: Wir sind eins. Ich kann dir nicht wehtun, ohne mich zu verletzen.“ Gandhi
Wenn ich eine bestimmte Haltung der Gewaltfreiheit einnehme, schließe ich viele Möglichkeiten um mich herum aus, und ich bewege mich auf einem schmalen Grat, daneben klafft der Abgrund. Wenn ich mich für Besitzlosigkeit entscheide, dann schließe ich jeglichen überflüssigen Konsum aus, der zusätzliche Mittel an Arbeit erfordert. Ich konzentriere mich auf das Nötigste, damit ich den Lebensstil führen und die geistige Arbeit dieses neuen Lebens verrichten kann.
„50 Prozent der Wirtschaft sind Psychologie. Wirtschaft ist eine Veranstaltung von Menschen, nicht von Computern.“
Die Aufgaben des Creative Leaders
Der Creative Leader lässt die anderen, wie sie sind, und gleichzeitig konfrontiert er sie mit dem Eigentlichen, mit dem Wesentlichen. Er wendet sich gegen die Ungerechtigkeit eines Systems, das die Mehrheit der Menschen zu Gunsten einiger weniger ausbeutet. Er ergreift auch das Wort für einen Angestellten, der nicht angemessen behandelt wurde. Das zeichnet eine furchtlose Führungskraft aus, dass er den Mut aufbringt und sich für die gerechte Sache einsetzt.
Das ist nicht immer einfach, weil die Bequemlichkeit dabei kein guter Ratgeber ist. So gibt es für alle anderen ein gutes Beispiel, auf dass sie ihm nachfolgen. So fällt es ihnen leichter, sich selbst für die Goldenen Regel einzusetzen. Die starke Führungskraft setzt ein deutliches Zeichen: Ich dulde hier keine Ungerechtigkeit und Falschheit! Nur der Schwache würde sich fürchten, die Kontrolle über seine Macht zu verlieren. Die Tage solcher Führer sind gezählt, weil sie keine freiwillige Unterstützung auf Dauer erhalten werden.
Ein Creative Leader, der sich auf die Prinzipien der Kreativität beruft, gibt ein gutes Beispiel dafür ab, dass es möglich ist, für sich einzustehen. Er ermächtigt auch den kleinen unbedeutenden Mann oder die Frau stark zu sein. Denn die Stärke des kleinen Mannes ist auch die Stärke einer Organisation. Denn mit dem gleichen Widerstand gegen eine Entscheidung werden die Angestellten ebenso für eine Sache sprechen und ganz hinter ihr stehen. Wer aber diese natürliche Überzeugung stört, wird die Angestellten zu Duckmäusern erziehen, die sich vor ihrem Chef verstellen und A sagen, aber B denken. Der Angestellte wird nur mit halber Kraft voraus fahren, aber so tun, als würde er volle Kraft voraus fahren. Die Dankbarkeit macht klar, dass seine Leistung gesehen und gewürdigt wird. Dankbarkeit ist unbezahlbar, wie echte Freundschaft oder Liebe. Es spornt an weiterzumachen.